Viele Nichtwähler sind nicht politikverdrossen, sondern politikabwesend
1972 hatten 91,1% der Wahlberechtigten in Deutschland ihre Stimme bei der Bundestagswahl abgegeben. 2017 waren es nur noch 76,2 %, und damit wurden schon alle Erwartungen übertroffen. Jede vierte Bekanntschaft entscheidet sich statistisch demnach,nicht zu wählen. Gleichzeitig haben in der Zwischenzeit auch noch 200 Abgeordnete mehr einen Sitz im Bundestag erhalten. Es gibt also absolut mehr Politikerinnen und Politiker heutzutage, allerdings relativ weniger Wählerinnen und Wähler. Woran liegt das?
Zum einen liegt es wohl daran, wie gewählt wird. Hierzulande beruht das Wahlsystem auf dem Prinzip der sogenannten “personalisierten Verhältniswahl“. Das Problem daran: man kann nur für eine Politikerin/einen Politiker direkt und für eine Partei stimmen. Man kann nicht direkt gegen jemanden oder gegen eine bestimmte Politik stimmen. Dieser Gedanke, gekoppelt mit reichlich politischem und wirtschaftlichem Unmut, treibt viele Leute dazu sich gegen das Wählen zu entscheiden — gegen das System, sozusagen.
Die Verantwortung für die Abgabe oder nicht Abgabe der Wahlstimme, muss jeder selbst tragen. Dass unsere Stimmen in der Menge aber keinen Unterschied machen, ist nicht korrekt. Es ist zum Beispiel interessant, im Hinterkopf zu behalten, dass der Anstieg der Wahlbeteiligung von 2013 (71,5%) auf 2017 (76,2%) — der höchste Anstieg seit der Bundestagswahl 1953 — mit dem Erstauftritt der AfD korreliert. Zum einen trieb es laut Umfrageunternehmen Infratest dimap mehr Wählerinnen und Wähler aus Angst vor einem Wahlsieg der AfD in die Wahlkabine. Zum anderen stimmten allerdings auch ca. 1,47 Mio. Nichtwählerinnen und Nichtwähler zum ersten Mal ab. Ihre Stimmen bekam die AfD.
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